„Louis Vuitton“-Konzern: wegen Ausbeutung in Erklärungsnot
Illegale Werkstätten, 24-Stunden-Schichten, Arbeiter ohne Papiere: Eine Edelmarke des „Louis Vuitton“-Konzerns hat Luxusmode unter menschenunwürdigen Bedingungen produzieren lassen.
Illegale Werkstätten, 24-Stunden-Schichten, Arbeiter ohne Papiere: Eine Edelmarke des „Louis Vuitton“-Konzerns hat Luxusmode unter menschenunwürdigen Bedingungen produzieren lassen.
Die italienische Luxusmodemarke „Loro Piana“, bekannt für hochwertigste Kaschmir- und Wollprodukte, steht wegen mutmaßlicher Arbeitsausbeutung in ihrer Lieferkette in den Schlagzeilen und ab sofort für ein Jahr unter der Aufsicht einer externen Kontrollinstanz, die vom Mailänder Gericht eingesetzt wurde. Ziel ist es, die internen Abläufe - insbesondere in der Produktions- und Lieferkette - strenger zu prüfen und wirksamer zu gestalten.
Die Vorwürfe gegen das Modehaus aus Vercelli wiegen schwer: Rund-um-die-Uhr-Schichten, illegale Werkstätten, Arbeiter ohne Papiere. Seit 2013 ist das italienische Edel-Label Teil des französischen Luxuskonzerns „LVMH“ (Louis Vuitton Moët Hennessy“), zu dessen Portfolio auch Marken wie „Louis Vuitton“, „Dior“ „Fendi“, „Céline“ oder „Givenchy“ zählen.
„Loro Piana“: Die Verantwortung liegt nicht im Tun, sondern im Wegsehen
Der Seiden- und Kaschmirhersteller „Loro Piana“ hatte seine Produktionsaufträge an eine Firma vergeben, die gar keine eigene Produktion hatte. Dieser Subunternehmer reichte den Auftrag weiter - an eine weitere Firma, die wiederum beauftragte chinesisch geführte Werkstätten im Großraum Mailand, in denen laut Ermittlern Arbeiter ohne Aufenthaltsgenehmigung und ohne Sozialversicherung unter prekären Bedingungen schuften mussten - teils rund um die Uhr und mit Schlafplätzen direkt in der Werkstatt.
Loro Piana wird nicht beschuldigt, direkt von den Zuständen gewusst zu haben - und wird daher nicht strafrechtlich belangt. Dennoch ist die gerichtliche Maßnahme ein deutliches Signal der Justiz: Auch wer fahrlässig wegsieht oder mangelhaft kontrolliert, muss mit Konsequenzen rechnen.
Für den Mutterkonzern „LVMH“ ist die Lage heikel - denn obwohl es sich „nur“ um eine Tochtermarke handelt, wirft der Fall ein Schlaglicht auf die gesamte Unternehmenskultur.
Die Börse reagierte prompt: Am Tag nach Bekanntwerden der gerichtlichen Aufsicht rutschte die „LVMH“-Aktie um rund 1,6 Prozent ab. Anleger reagierten sensibel auf mögliche Reputationsschäden und Lieferkettenrisiken - zumal Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung für viele Investoren heute gewichtiger denn je sind.
Allerdings gilt: Skandale dieser Art hinterlassen selten tiefe Spuren bei Luxuskonzernen dieser Größenordnung. Zu groß ist die Marktmacht, zu treu die Kundschaft.
Meghan Markle liebt ihre Quiet Luxury-Looks
„Loro Piana“ zählt zu den absoluten Lieblingslabels der internationalen A-Liga. Der Luxus-Alltag vieler Promis war untrennbar mit den edlen Teilen des Hauses verbunden: So flanierten etwa der frühere Premier-League-Star Dele Alli und Model Cindy Kimberly am 19. Juni beim Shopping in Mailand - erst zu „Goyard“, dann schnurstracks in die Boutique von „Loro Piana“ auf der exklusiven Via Montenapoleone.
Auch Meghan Markle ist bekennender Fan der italienischen Luxusmarke: Sie wurde mehrfach mit der fast 5.000 Dollar teuren „Loom“-Tasche gesichtet - und trug in ihrer Doku-Serie „With Love, Meghan“ ein feines Cashmere-Seide-Knit-Top des Hauses. Schauspieler Jeremy Strong erschien zu den „Golden Globes“ in einem maßgeschneiderten Kaschmir-Velvet-Ensemble von „Loro Piana“, während Brooklyn Beckham und Nicola Peltz in Saint-Tropez beim „Loro Piana“-Shopping gesichtet wurden.
Die Preisschilder lesen sich wie ein Statement: Ein klassischer Kaschmirpullover startet bei rund 2.000 Euro, Mäntel übersteigen gut und gerne die 6.000-Euro-Marke - und bei exklusiveren Materialien wie Vicuña Wolle geht es noch deutlich höher: Der ikonische „Harlan“-Mantel aus Vicuña kostet rund 24.200 Euro.
Auf der Website von „Loro Piana“ wird dieser Preis mit Hochglanzästhetik flankiert: Zu sehen ist ein Mann in weißem Kittel, der mit einer Art Pinzette sanft goldene Vicuña-Fasern zupft - als handle es sich um eine chirurgisch präzise Liebeserklärung an das Tier und das Handwerk.
Übrigens handelt es sich nicht um den ersten Skandal des Luxusherstellers: Laut Medienberichten aus dem Jahr 2024 soll „Loro Piana“ indigene Arbeiter in Peru, wo die seltene Vicuña-Wolle gewonnen wird, systematisch unterbezahlen.
Was als Sinnbild für Exzellenz, Sorgfalt und Handarbeit gedacht ist, wirkt vor dem Hintergrund der aktuellen Enthüllungen fast schon zynisch. Denn die Realität hinter den Kulissen sieht offenbar ganz anders aus - und Schneider:innen arheiten unter Bedingungen, die mit diesem Bild der makellosen Manufaktur nur wenig zu tun haben.