Shirin David: Industry Plant oder echtes Talent?
Wo Erfolg ist, gibt es oft auch Neider. Das muss aktuell Shirin David spüren, die in sozialen Medien als "Industry Plant" abgestempelt wird.
Wo Erfolg ist, gibt es oft auch Neider. Das muss aktuell Shirin David spüren, die in sozialen Medien als "Industry Plant" abgestempelt wird.
Die abwertende Bezeichnung "Industry Plant" wird in der Musikbranche für Künstler verwendet, die scheinbar ohne eigenes Zutun oder besonderes Talent an die Spitze der Charts gelangen. Eine solche "Industry Plant" wird von großen Plattenlabels gezielt gefördert und unterstützt – oft durch finanzielle Mittel, strategisches Marketing und Kontakte zu renommierten Produzenten. Die bekanntesten internationalen Künstler, die als Industry Plants angesehen werden sind Dua Lipa, Sam Smith oder auch die Spice Girls - auf dem deutschen Parkett muss sich besonders eine immer wieder mit diesem Vorwurf auseinandersetzen: Shirin David.
Seit ihr Track "Bauch Beine Po" im August 2024 von der GfK zum offiziellen Sommerhit ernannt wurde, ist die 29-Jährige präsenter denn je. Shirins kometenhafter Aufstieg ins Musikbusiness erfolgte nicht auf dem klassischen Weg, etwa über Underground-Szenen oder Indie-Labels, sondern durch massive Unterstützung der Industrie und geschicktes Influencer-Marketing. Denn lange bevor Shirin Platinplatten wie am Fließband abräumte, startete sie ihre Karriere als Beauty Content Creatorin.
Schnell wurde sie als diejenige abgestempelt, die nichts kann und nur wegen ihrer Internet-Berühmtheit in die Musikszene eintreten durfte. Denn ohne je selbst einen einzigen Song veröffentlicht zu haben, holte Pop-Titan Dieter Bohlen die damals 22-jährige Shirin 2017 als Jury-Mitglied zu "Deutschland sucht den Superstar". Mittlerweile hat die Hamburgerin zwar längst bewiesen, dass sie zurecht steht, wo sie steht, jedoch bleibt die Kritik bestehen, die aus der talentierten Singer- und Songwriterin mit Musical-Ausbildung eine Industry Plant macht.
Auch Kolleg:innen wie Loredana, Apache 207 und Nina Chuba mussten sich in der Vergangenheit ähnlicher Kritik stellen.
Nina Chuba äußerte sich bereits vergangenes Jahr im Interview mit Simon von "Deutschrap ideal" zu diesen Vorwürfen. Sie betonte, wie wichtig es ihr sei, unter anderem offen über den Prozess des Songwritings zu sprechen, um Missverständnisse über die Entstehung ihrer Musik auszuräumen. "Die Leute denken, dass ein Song entsteht, wenn man im Kerzenlicht am Klavier ist und romantisch in die Nacht schaut [...]. Das ist ein fucking Handwerk. Das erlernst du und dann arbeitest du das ab. Das ist wie ein normaler Job, Songwriting. Und natürlich, wenn mir mal ein Reim nicht einfällt, gehe ich auf Rhymezone, wie jeder andere Writer auch, mit dem ich bisher zusammengearbeitet habe".
Obwohl Nina sich der Angriffsfläche, die ihre Offenheit mit sich bringt, bewusst ist, sieht sie selbst sich nicht als "Industry Plant". "Natürlich, wenn man darüber redet, wird einem das öfter vorgeworfen", fügte sie hinzu. "Ich schätze meine Writer sehr, mit denen ich schreibe. Sie schreiben nicht für mich, sondern mit mir."
Der 25-Jährigen ist wichtig, dass akzeptiert wird, das Songwriting eben auch auf diese Weise funktioniert kann und dass ein Artist, der gemeinsam mit einem Team arbeitet und die Vorteile eines großen Labels genießen kann, deshalb nicht weniger Künstler ist oder seinen Erfolg weniger verdient hätte, als andere, die diesen Support nicht hätten.
Industry Plants: Authentizität vs. Künstlichkeit
Die Diskussion um Industry Plants wirft grundsätzliche Fragen über die Authentizität von Musik und Künstlern auf. Ist ein Künstler weniger wert, nur weil er Unterstützung von einem großen Label oder Songwritern erhält? Oder ist es legitim, dass die Musikindustrie Talente fördert, um ihnen zu größerem Erfolg zu verhelfen?
In der heutigen Zeit ist es ohnehin schwer, einen klaren Unterschied zwischen "authentischem" und "inszeniertem" Erfolg zu ziehen. Plattformen wie TikTok und Instagram tragen dazu bei, dass Künstler über Nacht berühmt werden können, oft auch mit der Hilfe von cleverem Marketing und viralen Kampagnen. Dabei ist es kaum verwunderlich, dass große Labels diesen Trend nutzen, um potenzielle Stars gezielt aufzubauen.