80 Jahre nach der Befreiung: Nie wieder ist jetzt
In Dachau wurde am Wochenende an die Befreiung vor 80 Jahren erinnert. Zehn Überlebende mahnten: Die Geschichte darf sich nicht wiederholen.
In Dachau wurde am Wochenende an die Befreiung vor 80 Jahren erinnert. Zehn Überlebende mahnten: Die Geschichte darf sich nicht wiederholen.
Am Sonntag gedachten Überlebende, Angehörige, Politikerinnen und Politiker sowie Gäste aus aller Welt der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau durch US-Truppen am 29. April 1945. Zehn ehemalige Häftlinge waren zur Gedenkfeier gekommen - darunter der heute 94-jährige Mario Candotto, der als Jugendlicher inhaftiert war.
„Hier war ich eine Nummer“, sagte Candotto eindringlich. Die Welt habe aus der Geschichte nicht wirklich gelernt. Es sei höchste Zeit, den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen entgegenzutreten, mahnte er.
Ein Ort der Warnung
Das Konzentrationslager Dachau wurde 1933 nur wenige Wochen nach Hitlers Machtübernahme eröffnet - als erstes seiner Art. Was ursprünglich zur Internierung politischer Gegner gedacht war, entwickelte sich rasch zu einem Ort systematischer Gewalt. Mehr als 200.000 Menschen aus ganz Europa wurden dort und in den angeschlossenen Außenlagern festgehalten. Über 40.000 überlebten das nicht.
Die Gedenkstätte, heute ein Ort der Mahnung und des Lernens, wurde in den 1960er-Jahren maßgeblich von ehemaligen Häftlingen wieder aufgebaut – zu einer Zeit, als die deutsche Nachkriegsgesellschaft lieber schwieg. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner würdigte diesen Mut: „Dachau steht als Symbol für das System der NS-Verbrechen. Nichts galt mehr außer der Willkür der SS“, so Klöckner.
Auch Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, fand klare Worte. In einer Zeit, in der Antisemitismus und Hass wieder lauter werden, sei es umso wichtiger, die Demokratie zu verteidigen - und Geschichte nicht zu relativieren.
Ein bedrückender Vorfall am Rande des Gedenkens unterstrich diese Dringlichkeit: In Berlin wurde am Wochenende ein Mann auf dem Gelände einer Holocaust-Gedenkstätte angegriffen und dabei schwer verletzt. Die Polizei ermittelt.
Besuch aus den USA: Vizepräsident und Befreier vor Ort
Auch der US-Vizepräsident J.D. Vance reiste zur Gedenkfeier - begleitet von seiner Frau traf er auf den 96-jährigen Holocaust-Überlebenden Abba Naor, der mit ihm seine Geschichte teilte. Vance zeigte sich tief bewegt und betonte die Bedeutung des Gedenkens an den Holocaust.
Ein besonders bewegender Moment war die Anwesenheit des 100-jährigen US-Veteranen Bud Gahs. Er gehörte zu den Soldaten der 7. US-Armee, die Dachau am 29. April 1945 befreiten. Noch heute spricht er von den Bildern, die sich für immer in sein Gedächtnis gebrannt haben. Seine Worte sind Erinnerung und Mahnung zugleich.
Das Gedenken in Dachau fand in einem politischen Klima statt, das vielen Anlass zur Sorge bereitet. In Deutschland wurde die AfD kürzlich vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. Die Hetze der Partei Alternative für Deutschland richtet sich regelmäßig gegen Geflüchtete, queere Menschen und politische Gegner - und schlägt zunehmend in reale Gewalt um.
Auch in den USA ist ein aufkeimendes Klima des Hasses zu beobachten: Unter US-Präsident Donald Trump wurde per Dekret festgelegt, dass offiziell nur noch zwei Geschlechter anerkannt werden - ein direkter Angriff auf die Rechte von Transpersonen. Diese sollten sogar aus dem Militärdienst ausgeschlossen werden. Solche Maßnahmen tragen dazu bei, gesellschaftliche Gruppen gezielt zu marginalisieren und Hass zu normalisieren.
Nie wieder ist jetzt
Die Parallelen zur Vergangenheit sind unübersehbar. Wenn Menschen entrechtet, ausgegrenzt und entmenschlicht werden, ist Widerstand nicht nur legitim - er ist notwendig. Das Gedenken an Orte wie Dachau macht deutlich, wohin Gleichgültigkeit und Schweigen führen können. Der Satz „Nie wieder“ ist nicht Geschichte - er ist eine Haltung. Eine, die heute mehr denn je gebraucht wird.