Springender Mann mit Cap im orangenen T-Shirt
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Beugt Vitamin D Knochenbrüchen vor?

Mythos Vitamin D - der Faktencheck

Endlich können wie wieder Vitamin D tanken - der Frühling ist da und mit ihm auch die Mythen über die heilende Wirkung der Sonne. Denn über Vitamin D kursieren extrem viele Informationen und Mythen im Internet. Was ist dran? Wir machen den Faktencheck.

 Vitamin D: Die Pharmaindustrie freut's 

Sobald die Sonne rauskommt, hellt sich das Gemüt auf, die Stimmung steigt, die Lust an Erlebnissen steigt, die Menschen zieht es vor die Türe und der Körper fühlt sich wie aus dem endloslangen Winterschlaf befreit: Vitamin D sorgt bei vielen für ein Hochgefühl. Kein Wunder wird es uns oftmals als Allheilmittel gegen alle möglichen Beschwerden und Krankheiten verkauft - und zwar für viel Geld. Wie der Berufsverband deutscher Internisten e.V. publizierte, gingen bereits 2017 Vitamin-D-Präparate für rund 177 Millionen Euro über die Ladentheke. Jedes Jahr rentiert sich das Geschäft mit der Sonne in Pillenform für Pharmaunternehmen mehr und mehr. Immer mehr Menschen glauben fälschlicherweise, dass sie unter einem Vitamin-D-Mangel leiden und wollen ihrem Körper mit der künstlichen Zufuhr auch in den Wintermonaten etwas gutes tun. Doch viel hilft nicht immer viel. Wir machen deshalb den Faktencheck und zeigen Euch, welche Mythen es rund um Vitamin D gibt. 

 Das solltest Du wissen 
Vitamin D ist der übergeordnete Begriff für eine Gruppe fettlöslicher Vitamine, die Calciferole. Zu den wichtigsten Formen gehören Vitamin D2 (Ergocalciferol) und Vitamin D3 (Cholecalciferol). Die körpereigene Vitamin-D-Bildung in der Haut durch Sonnenlicht (UVB-Strahlen) ist abhängig von Breitengrad, Jahres- und Tageszeit, Witterung, Kleidung, Aufenthaltsdauer im Freien sowie dem Hauttyp und auch der Verwendung von Sonnenschutzmitteln, die die körpereigene Produktion vermindern. Das bedeutet, dass der Beitrag der körpereigenen Bildung zur Vitamin-D-Versorgung individuell stark schwanken kann. Somit kann der körpereigene Beitrag zur Vitamin-D-Versorgung weder bei Einzelpersonen, noch pauschal für die Allgemeinbevölkerung mengenmäßig bestimmt werden. 

 Mythos 1: Vitamin D verhindert Knochenbrüche 
Laut dem Robert-Koch-Institut ist die bekannteste Funktion von Vitamin D die Beteiligung am Knochenstoffwechsel. So fördert Vitamin D laut dem RKI unter anderem die Aufnahme (Resorption) von Calcium und Phosphat aus dem Darm sowie ihren Einbau in den Knochen und nimmt damit eine Schlüsselrolle bei der Knochenmineralisierung ein. Die Einnahme von Vitamin D sei ebenfalls richtig, wenn es darum geht, Rachitis oder Knochenerweichung zu behandeln. ​Auf Knochenbrüche und Osteoporose hat Vitamin D jedoch keinen Einfluss - das zumindest behaupten der neuseeländische Forscher Mark Bolland und sein Team in ihrer Studie, die im "The Lancet Diabetes and Endocrinology"-Wissenschaftsmagazin erschienen ist. Die Forscher stützen sich dabei auf die Ergebnisse von insgesamt 81 Studien mit total über 53.000 Teilnehmern. 42 dieser Studien untersuchten den Effekt des Vitamins auf Knochenbrüche, 37 denjenigen auf Stürze und 41 die Wirkung auf die Knochendichte. Ihr Ergebnis: Vitamin D reduziert demnach weder die Anzahl der Stürze, noch die der Knochenbrüche bei Erwachsenen. Auch die Knochendichte beeinflusst die Vitamingabe nicht in nennenswertem Mass.

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 Mythos 2: Vitamin D lindert chronische Krankheiten 

Vitamin D ist laut dem Robert-Koch-Institut an der Bildung von Proteinen beziehungsweise der Steuerung einer Vielzahl von Genen beteiligt. Dies ließ in den vergangenen Jahren die Vermutung zu, dass Zusammenhänge zwischen der Vitamin-D-Versorgung und chronischen Krankheiten bestehen und damit gleichzeitig neue Präventionsmöglichkeiten entdeckt werden könnten. Im Hinblick auf Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ 2 sowie kardiovaskulären und Krebskrankheiten konnten zwar Zusammenhänge in Beobachtungsstudien gefunden werden, bislang jedoch keine Beweise für kausale Beziehungen. Zwar lieferten die Forschungen der letzten Jahre Hinweise darauf, dass Vitamin D eventuell den Verlauf chronischer und schwerer Krankheiten günstig beeinflussen könnte, jedoch sind diese Forschungen noch nicht verlässlich belegbar. Im Moment laufen grossangelegte klinische Studien wie beispielsweise die amerikanische VITAL-Studie oder die europäische DO-HEALTH-Studie, um solche möglichen Zusammenhänge abzuklären.

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 Mythos 3: Wir leiden alle unwissentlich an einem Vitamin D-Mangel 

Bei der Mehrheit der Bevölkerung liegt kein Vitamin-D-Mangel vor. Gerade einmal 15,2 Prozent der Erwachsenen zwischen 18 Jahren und 79 Jahren leiden tatsächlich an einer mangelhaften Vitamin-D-Versorgung. Von einem Vitamin-D-Mangel spricht man, wenn Vitamin D im Körper über einen längeren Zeitraum fehlt und klinisch relevante Symptome auftreten - zum Beispiel Rachitis oder Osteomalazie, einer Krankheit, die durch Erweichung und Verformung der Knochen gekennzeichnet ist. Von einer Rachitis spricht der Mediziner, wenn die Erkrankung im Kindesalter auftritt, von einer Osteomalazie, wenn sie Erwachsene betrifft. Wichtig zu wissen ist jedoch, dass der Vitamin-D-Serumspiegel starken saisonalen Schwankungen unterliegt. Wird bei der einmaligen Untersuchung des Vitamin-D-Status ein niedriger Wert gemessen, muss dies nicht zwingend bedeuten, dass bereits ein langfristiger Vitamin-D-Mangel und damit klinische Symptome vorliegen oder auftreten werden.

Gefährdete Personengruppen sind: 

  • Gefährdet für einen Vitamin-D-Mangel sind Personen, die sich selten im Freien aufhalten beziehungsweise aufhalten können, etwa weil sie immobil sind, chronisch krank oder pflegebedürftig. Zu dieser Personengruppe zählen unter anderem sehr alte Menschen, insbesondere solche, die in Pflegeheimen wohnen. Ältere Menschen sind aber auch generell gefährdet, da die Eigenproduktion von Vitamin D mit zunehmendem Alter nachlässt: Die beobachtete Abnahme der Eigensynthese hat vermutlich mit die Abnahme der Hautdicke zu tun, und die Fähigkeit, Vitamin D in Leber und Nieren zu metabolisieren, lässt nach. Hinzu kommt, dass ältere Menschen meist weniger Nahrung zu sich nehmen, so dass auch über die Ernährung weniger Vitamin D zugeführt wird.
  • Neben älteren Personen haben Säuglinge ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-D-Mangel, da sie keiner direkten Sonnenstrahlung ausgesetzt werden sollten.
  • Auch Menschen, die aus religiösen oder kulturellen Gründen nur mit bedeckter Haut ins Freie gehen, sowie Menschen mit dunklerer Hautfarbe sind gefährdet – bei letzteren ist dies auf die höhere Pigmentierung in der Haut zurückzuführen, die weniger UV-Strahlen durchlässt. Um genug Vitamin D produzieren zu können, wird daher eine längere Sonnenexposition beziehungsweise eine höhere UV-B-Intensität benötigt, die in den hiesigen Breiten nur schwer zu erreichen ist.
  • Zu den Risikogruppen zählen auch Menschen, die an chronischen Magen-Darm, Leber- oder Nierenerkrankungen leiden oder Medikamente einnehmen, die den Vitamin-D-Stoffwechsel beeinträchtigen (z.B. Antiepileptika oder Zytostatika).
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 Mythos 4: Vitamin D kann man nicht überdosieren 

Neben einem Mangel kann es ebenfalls zu einer Vergiftung (Intoxikation) mit Vitamin D kommen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Vitamin D als fettlösliches Vitamin im Fett- und Muskelgewebe gespeichert werden kann. Während Vergiftungen über die körpereigene Vitamin-D-Bildung und die natürliche Ernährung nicht erreicht werden können, sind sie durch übermäßig hohe Einnahmen von Supplementen (Nahrungsergänzungsmitteln), hochdosierten Medikamenten, einem hohen Konsum an angereicherten Lebensmitteln (oder einer Kombination der Varianten) möglich. Bei einer übermäßig hohen Einnahme von Vitamin D entstehen im Körper erhöhte Kalziumspiegel (Hyperkalzämie), die akut zu Übelkeit, Appetitlosigkeit, Bauchkrämpfen, Erbrechen oder in schweren Fällen zu Nierenschädigung, Herzrhythmusstörungen, Bewusstlosigkeit und Tod führen können. Da Vitamin D im Körper gespeichert werden kann, ist neben einer akuten auch eine schleichende Überdosierung möglich.

 Mythos 5: Der Körper speichert keine Vitamin-D-Reserven 
Die körpereigene Vitamin-D-Bildung in der Haut durch Sonnenlicht (UVB-Strahlen) ist abhängig von Breitengrad, Jahres- und Tageszeit, Witterung, Kleidung, Aufenthaltsdauer im Freien sowie dem Hauttyp und auch der Verwendung von Sonnenschutzmitteln, die die körpereigene Produktion vermindern. Da die Vitamin-D-Bildung ist in den hiesigen Breiten nur von März bis Oktober möglich ist, ist der Körper in der Lage, nicht nur den akuten Bedarf zu decken, sondern ebenfalls Vitamin-D-Reserven im Fett- und Muskelgewebe für das Winterhalbjahr anzulegen. 

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 Mythos 6: Auch im Sommer sollten Supplements zugeführt werden 

Vitamin D wird über die Haut und die Nahrung aufgenommen. In den Sommermonaten ist es möglich, ganz allein durch die körpereigene Bildung die gewünschte Serumkonzentration des 25-Hydroxyvitamin-D von 50 nmol/l zu erreichen. Eine Anreicherung von Vitamin D durch Supplements ist laut Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. nicht empfehlenswert. Im Vordergrund steht die körpereigene Bildung des Vitamin D und damit die Empfehlung, Vitamin D durch Sonnenbestrahlung der Haut zu bilden. Die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten (also eine zusätzliche Zufuhr über die Ernährung hinaus) wird nur dann empfohlen, wenn eine unzureichenden Versorgung nachgewiesen wurde und wenn eine gezielte Verbesserung der Versorgung, weder durch die Ernährung noch durch die körpereigene Vitamin-D-Bildung durch Sonnenbestrahlung zu erreichen ist.

Die körpereigene Bildung durch die Sonnenlichtbestrahlung ist abhängig von der geografischen Lage. Die folgende Tabelle gibt Orientierungswerte für die Dauer der Sonnenbestrahlung für eine gute Vitamin-D-Versorgung für die Breitengrade 50 bis 75 N° an. Demnach reicht es auch in Deutschland, das sich von Breitengrad 47 bis 55 N° erstreckt, für ungefähr die Hälfte des Jahres für Erwachsene aus, pro Tag ein Viertel der Körperoberfläche (Gesicht, Hände und Teile von Armen und Beinen) zwischen 12 und 15 Uhr je nach Hauttyp und Jahreszeit 5 bis 25 Minuten der Sonne auszusetzen.
 

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