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Wie wird in den USA überhaupt gewählt?

US-Wahlen: Was Ihr wissen müsst

Am Dienstag den 3. November entscheidet sich, ob Donald Trump eine weitere Amtsperiode antreten oder gegen seinen Kontrahenten Joe Biden verlieren wird. Für das Wahl-Spezial haben wir einmal das Wahlsystem der USA und die Kandidaten unter die Lupe genommen.

Am Dienstag den 3. November entscheidet sich, ob Donald Trump eine weitere Amtsperiode antreten oder gegen seinen Kontrahenten Joe Biden verlieren wird. Für das Wahl-Spezial haben wir einmal das Wahlsystem der USA und die Kandidaten unter die Lupe genommen.​

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 Schritt 1: Die Vorwahlen 

Der Präsident oder die Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika wird alle vier Jahre gewählt. Es treten immer ein Demokrat und ein Republikaner gegeneinander an. Die Wahl in das Amt ist maximal zwei Mal zulässig – egal ob aufeinanderfolgend, oder mit einer zeitlichen Unterbrechung. Zu Beginn jeden Wahljahres gibt es die Vorwahlen - hier entscheiden die Demokraten und die Republikaner welcher ihrer Männer ins Rennen um den Präsidentschaftstitel geschickt werden. Bei den Demokraten ist das 2020 Joe Biden, da Trump als amtierender Präsident und Republikaner noch eine Amtszeit antreten darf. 

  • Die Vorwahlen sind je nach US-Bundesstaat unterschiedlich. In machen dürfen alle Wahlberechtigten entscheiden, welche Politiker die Präsidentschaftskandidatur antreten sollen. In anderen Bundesstaaten dürfen wiederrum nur registrierte Wähler bei der Vorwahl mitentscheiden.
  • Auch das Datum für die Vorwahlen ist nicht in jedem Bundesstaat gleich. Als Quasi-Ausnahme gilt der "Super Tuesday". An diesem Tag wird in vielen Staaten gleichzeitig abgestimmt.
  • Die Bürger entscheiden mit der Vorwahl aber nicht, welcher Kandidat antreten soll, sie wählen lediglich Delegierte beider Lager - also einen Delegierten der Republikaner und einen Delegierten der Demokraten.
  • Diese wiederrum unterstützen einen bestimmten Kandidaten. Nur die Kandidaten, die am Ende mehr als die Hälfte aller Stimmen der Delegierten bekommen haben, könnten theoretisch Präsidentschaftskandidat werden.
  • Welcher der möglichen Kandidaten aber tatsächlich ins Rennen geht, wird erst am Nationalen Parteitag per Wahl durch die Delegierten bestimmt.
  • Wenn aber keiner der Kandidaten mehr als die Hälfte aller Delegierten-Stimmen bekommt, wird Parteiintern über die Kandidaten verhandelt. Dann kann es passieren, dass Kandidaten zurücktreten und die Delegierten neu wählen müssen
  • Bei einer erneuten Wahl müssen die Delegierten dann nicht mehr zwangsweise ihren Kandidaten wählen, sondern können auch für einen anderen Kandidaten stimmen. Und zwar so lange, bis ein Präsidentschaftskandidat gefunden ist. 
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 Schritt 2: Election Day 

Stehen die Präsidentschaftskandidaten dann, findet die eigentliche Wahl am Election Day statt. Der Election Day ist festgelegt auf den Dienstag nach dem ersten Montag im November. Der Termin kann so frühestens der 2. November und spätestens der 8. November sein. 

  • Alle US-Bürger über 18 Jahren dürfen am Election Day ihren Präsidenten wählen. Das sind über 200 Millionen Menschen. Bewohner von Außengebieten (etwa Puerto Rico) dürfen allerdings nicht wählen. Nicht wahlberechtigt sind auch illegale Einwanderer und Menschen, denen wegen einer Verurteilung das Recht aberkannt wurde.
  • Anders als in Deutschland kann in den USA aber nicht einfach jeder Wahlberechtigte mit dem Ausweis zum nächsten Wahlbüro gehen. Es gibt Wahlverzeichnisse, bei denen die Eintragung in einigen Bundesstaaten überraschend schwer ist. Beispielsweise ist teils eine Geburtsurkunde nötig – besonders einige ältere Schwarze in den Südstaaten haben kein solches Dokument. Wahlrechtsaktivisten erheben immer wieder den Vorwurf, dass damit die Wahl beeinflusst werden soll; Afro-Amerikaner wählen in der Mehrheit Kandidaten der Demokraten.
  • Bei den Wahlen wird der Präsident (ähnlich wie bei den Vorwahlen) nicht direkt gewählt.
  • Die Bürger geben ihre Stimmen sogenannten Wahlmännern (Electoral College). Diese Wahlmänner sind wiederum für einen der beiden Kandidaten. 
  • Diesem "Electoral College" gehören 538 Wahlmänner und -frauen an.
  • Insgesamt braucht ein Kandidat mindestens 270 Wahlmänner-Stimmen, um Präsident zu werden.
  • Warum ist der Election Day unter der Woche und nicht wie bei uns, an einem Sonntag? Der Election Day hat eine lange Tradition. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts legte der US-Kongress fest, dass im November gewählt werden sollte. Das liegt daran, dass damals sehr viele Menschen in der Landwirtschaft arbeiteten. Die Offiziellen wollten sicherstellen, dass die Menschen auch genügend Zeit zum Wählen finden würden. Von daher schied das Frühjahr mit der Bestellung der Felder und der Herbst mit der Ernte von vornherein aus. Damals musste man unter Umständen eine mehrtägige Reise auf sich nehmen, um zu einem Wahllokal zu gelangen. Auch hierfür bietet der November noch halbwegs gute Bedingungen. Das Winterwetter hält sich Anfang November meist noch in Grenzen und große Hitzewellen wie im Sommer, die das Reisen unerträglich machen, sind auch nicht zu erwarten. Dass der Election Day auf einen Dienstag gelegt wurde, war insofern praktisch, dass man erst am Montag zur Wahl aufbrechen musste. Niemand verpasste so den sonntäglichen Kirchenbesuch. Mittwochs herrschte in vielen Städten Markttag – auch da hätten die Leute andere Dinge im Kopf gehabt, als wählen zu gehen. Dass Katholiken am 1. November den kirchlichen Feiertag Allerheiligen (englisch: All Saints Day) begehen, sprach dafür, den Election Day erst nach diesem Datum stattfinden zu lassen. Aber auch die Händler sind Anfang des Monats vielfach zu beschäftigt, weil am Monatsersten auch der Monatsabschluss gemacht werden muss. Wie man sieht, wurde das Datum für den Election Days unter Berücksichtigung vieler Interessen gewählt.
  • Der Election Day ist in vielen Bundesstaaten ein Feiertag. In anderen Staaten hingegen müssen Arbeitgeber sicherstellen, dass ihre Angestellten am Election Day wählen gehen können, ohne Einnahmebußen zu verbuchen. 
  • Wann steht der Gewinner fest? Anders als bei Wahlen in Deutschland gibt es in den USA keinen einheitlichen Zeitpunkt zu dem die Wahllokale schließen. Die sogenannten "Polling Places" haben nicht nur durch die verschiedenen Zeitzonen in den USA unterschiedliche Öffnungszeiten. Auch die Ortszeiten, zu denen die Wahllokale schließen, weichen voneinander ab. Mit einem Ergebnis kann zu deutscher Zeit erst am frühen Morgen des 4. November gerechnet werden. 
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 Zahl der Wahlmänner und -frauen anhand der Bundesstaaten (Beispiel Wahl 2016) 

Infogram

 Was sind Swing States? 
In bestimmten US-Bundesstaaten haben die Demokraten oder Republikaner traditionell eine klare Mehrheit. Beispielsweise haben die US-Republikaner bei den letzten Wahlen in Texas immer klar gewonnen, die Demokraten hingegen in Kalifornien. Als Swing States ("schwankende Staaten") werden US-Bundesstaaten bezeichnet, in denen kein Kandidat und keine Kandidatin mit einer sicheren Mehrheit rechnen kann. Wer auch nur wenige Stimmen mehr erhält, bekommt alle Wahlmänner und Wahlfrauen dieses Bundesstaates. Deshalb ist der Wahlkampf in diesen Bundesstaaten auch besonders intensiv. Die Kandidaten konzentrieren häufig einen großen Teil ihrer Auftritte und Fernsehspots auf die Swing States, weshalb diese auch Battleground States ("Schlachtfeld-Staaten") genannt werden. Ob ein Staat als Swing State bezeichnet wird, wird durch Umfragewerte, die Registrierung von Wählern bestimmter Gruppen und die Ergebnisse der vergangenen Wahlen ermittelt.

Für die Präsidentschaftswahlen 2020 gelten folgende Staaten als Swing States:*1

  • Texas (38 Wahlleute von insgesamt 538)
  • Florida (29 Wahlleute)
  • Pennsylvania (20 Wahlleute)
  • Ohio (18 Wahlleute)
  • Georgia (16 Wahlleute)
  • Michigan (16 Wahlleute)
  • North Carolina (15 Wahlleute)
  • Arizona (11 Wahlleute)
  • Minnesota (10 Wahlleute)
  • Wisconsin (10 Wahlleute)
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 Warum nicht unbedingt der Kandidat mit den meisten Stimmen gewinnt 

Im Gegensatz zum deutschen Wahlsystem geht aber nicht unbedingt der Kandidat als Gewinner hervor, der die meisten Stimmen erhalten hat, sondern derjenige, der die meisten Wahlmänner hinter sich hat. Bei der vergangenen Wahl vor vier Jahren hatte Trump Kontrahentin Hillary Clinton deutlich mehr Stimmen als Trump - weil er aber mehr Wahlmänner hinter sich hatte, wurde er nach Obama zum neuen Präsidenten der USA ernannt.

  • Jeder Bundesstaat hat unterschiedlich viele Wahlmänner - das Verhältnis der Wahlmänner ist Abhängig von der Population. Leben in einem Bundesstaat Millionen Menschen, gibt es hier auch mehr Wahlmänner als in Staaten mit einer geringeren Einwohnerzahl.
  • Bei der Präsidentschaftswahl gilt in den meisten US-Bundesstaaten das Prinzip der Mehrheitswahl. Das heißt: Der Kandidat oder die Kandidatin, der oder die in einem Bundesstaat die meisten Stimmen erhält, bekommt alle Stimmen der Wahlmänner- und -frauen dieses Bundesstaates 
  • Dieses Prinzip wird "The Winner Takes It All" genannt.
  • Ausnahmen von dieser Regel gibt es lediglich in den beiden kleinen Bundesstaaten Maine (4 Stimmen) und Nebraska (5 Stimmen). Hier werden nur zwei Wahlmänner oder -frauen nach dem Prinzip "The Winner Takes It All" bestimmt. 
  • Ein praxisnahes Beispiel der vergangenen US-Wahl 2016Hillary Clinton hatte fast 2,9 Millionen Stimmen mehr als Donald Trump. 48 Prozent der Amerikaner stimmten für die Demokratin und nur 46 Prozent für Trump. Dennoch zog Trump ins Weiße Haus ein. Grund war das "The Winner Takes It All"-Prinzip. Weil Trump in Florida mit etwas mehr als einem Prozentpunkt siegte, erhielt er alle Wahlmänner. Da Florida ein besonders bevölkerungsreicher Staat ist, stellt er auch besonders viele Wahlmänner: 29 von 538. Wie oben bereits erwähnt benötigen die Kandidaten insgesamt 270 Wahlmänner-Stimmen um zu gewinnen. 
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Wann ernennt das Electoral College den Präsidenten? 
Die Wahlmänner und -frauen (Electoral College) treffen sich am Montag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember (Meeting of Electors) in der Hauptstadt ihres Bundesstaates, um den Präsidenten und Vizepräsidenten zu wählen, also am 14. Dezember 2020. Die Stimmzettel werden versiegelt und dem amtierenden Vizepräsidenten in seinem offiziellen Amt als Präsident des Senats übersandt. Die Stimmen der Wahlmänner und -frauen werden dann am 6. Januar 2021 in einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus ausgezählt. Der Vizepräsident als Präsident des Senats hat den Vorsitz der Auszählung und gibt die Ergebnisse der Wahl des Electoral College bekannt. Streng genommen ist erst dann geklärt, wer die Wahl gewonnen hat, doch weiß man dies natürlich aufgrund der Auszählungsergebnisse meistens schon in der Wahlnacht.*1
 
 Wer hat Chancen auf das Amt des Präsidenten? 
Aktuelle Umfragen zeigen, dass Demokrat Joe Biden mit 52% der Stimmen vor Donald Trump mit 43% der Stimmen liegt. Das bedeutet jedoch noch nichts. 

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 Wie lauten die Ansichten Trumps und Bidens? 
1. Corona 
Trump: 

  • Im letzten TV-Duell vor der Wahl erklärte Trump, dass ein Corona-Impfstoff innerhalb weniger Wochen fertig sein werde.
  • Hat sich gegen eine landesweite Maskenpflicht ausgesprochen.
  • Drohte an, Schulbezirken, die Schulen geschlossen halten würden, die finanziellen Mittel zu kürzen.
  • Biden:

  • Ruft die Amerikaner auf, Rücksicht aufeinander zu nehmen und eine Maske zu tragen.
  • Biden steht für schnelle, sichere und kostenfreie Tests
  • Schulen und kleine Geschäfte sollten Maßnahmen treffen, die eine sichere Öffnung ermöglichen.
  • Schulbezirken und Kleinunternehmen möchte Biden finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.
  • 2. Gesundheitsversorgung
    Trump: 

  • Trumps oberstes Ziel ist es, den Affordable Care Act ("Obamacare") rückgängig zu machen.
  • Konkrete Pläne für ein neues Gesundheitssystem legte er jedoch bisher nicht vor.
  • Medikamente möchte er preiswerter machen.
  • Biden:

  • Biden möchte eine Alternative zu den privaten Versicherungsanbietern.
  • Gesundheitsvorsorge soll so allen Amerikaner*innen zur Verfügung stehen.
  • Die "Bidencare"-Versicherung soll niedrigere Beiträge vorsehen. 
  • Biden möchte Medikamentenpreise deckeln.
  • 3. Klimawandel
    Trump:

  • Kein Kampf gegen den Klimawandel.
  • Bisher hat Trump etliche umweltpolitische Pläne rückgängig gemacht (Rücktritt Pariser Abkommen, "Clean Power Plan" zur Reduktion von Treibhausgasen zurückgenommen).
  • Biden: 

  • Biden will wieder in Pariser Abkommen einsteigen.
  • Bis 2050 möchte er komplett auf erneuerbare Energien umsteigen und Treibhausgas-Emissionen auf null reduzieren.
  • Zwei Billionen Dollar sollen unter anderem in die Infrastruktur, die Autoindustrie und die Landwirtschaft fließen. 
  • 4. Einwanderungspolitik
    Trump:

  • Will den Mauerbau zu Mexiko fortführen.
  • Will Einwanderungsreform, die illegale Einwanderung und Armutsmigration in die USA stoppt.
  • Will sogenannte "Dreamer", Menschen, die als Babys illegal in die USA eingewandert sind und ohne Pässe leben, abschieben lassen.
  • Biden: 

  • Will in den ersten 100 Tage seiner möglichen Amtsperiode Trumps Abschiebepolitik beenden.
  • Eltern und Kinder sollen an der Grenze nicht mehr getrennt werden.
  • Biden will zudem den "Muslim ban", der Menschen aus muslimischen Ländern die Einreise in die USA erschwert, rückgängig machen.
  • Will es den 11 Millionen illegalen Einwanderer*innen ermöglichen, die amerikanische Staatsbürgerschaft zu erhalten. 
  • 5. Rassismus
    Trump: 

  • Legt keine konkreten Pläne vor, wie er gegen Rassismus in den USA vorgehen möchte. 
  • Antirassistische Proteste (etwa Black Lives Matter) bezeichnete Trump als "inländischen Terrorismus"
  • Will Anti-Rassismus-Kurse für Bundesbehörden verbieten lassen. 
  • Biden: 

  • Biden: "Ja, es gibt strukturellen Rassismus in den USA!"
  • Pläne dagegen sehen unter anderem vor, Ungleichheiten im Bildungssystem auszugleichen und Einkommenslücken zu schließen.
  • Jede*r schwarze US-Amerikaner*in soll das Recht zu wählen wahrnehmen können.
  • Plant Strafrechtsreform, damit Menschen nicht für den bloßen Konsum von Drogen ins Gefängnis kommen. Vielmehr sollten sie die Möglichkeit bekommen, wegen ihrer Suchterkrankung behandelt zu werden.
  •  Wie ist die Stimmung in den USA? 
    Kurz gesagt: Aufgeheizt! Viele Ladenbesitzer haben bereits einige Tage vor der Wahl am 3. November ihre Geschäfte geschlossen und die Scheiben und Eingänge mit Holzwänden zugenagelt. Der Grund: Es werden gewalttätige Ausschreitungen befürchtet. Gerade das Trump-Lager ist für Provokationen bekannt.

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