Springender Mann mit Cap im orangenen T-Shirt
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Kostenlos mit Bus und Bahn

Bundesregierung unter Druck: Ist die Idee des kostenlosen Nahverkehrs wirklich realisierbar?

Nachdem Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig bereits eine Abstufung des Strafrechts für Schwarzfahrer fordert, könnte nicht nur der aktuelle Tatbestand in eine Ordnungswidrigkeit abgewandelt werden, sondern bald sogar komplett wegfallen - denn ein Planspiel der Bundesregierung sieht vor, den Nahverkehr in deutschen Städten komplett kostenlos anzubieten. Tickets wären demnach nicht mehr nötig. Die Frage ist jedoch, wie sich das rechnen soll.

Nachdem Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig bereits eine Abstufung des Strafrechts für Schwarzfahrer fordert, könnte nicht nur der aktuelle Tatbestand in eine Ordnungswidrigkeit abgewandelt werden, sondern bald sogar komplett wegfallen - denn ein Planspiel der Bundesregierung sieht vor, den Nahverkehr in deutschen Städten komplett kostenlos anzubieten. Tickets wären demnach nicht mehr nötig. Die Frage ist jedoch, wie sich das rechnen soll.  

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Änderungen im Nahverkehr

Etwa 3,5 Prozent der jährlich 10,3 Milliarden Bus- und Bahn-Fahrgäste sind laut dem aktuellen Bußgeldkatalog ohne Ticket unterwegs. Das kostet die Verkehrsunternehmen jährlich circa eine Viertelmilliarde Euro. Im Strafgesetzbuch wird die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ohne gültigen Fahrschein als Straftat aufgeführt und so können dem Schwarzfahrer neben einem erhöhten Beförderungsentgeld von 60 Euro auch Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr drohen. Die Landesjustizminister diskutieren jetzt allerdings, ob das "Erschleichen von Leistungen" in Zukunft nur noch als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden sollte.

Plädoyer für saubere Luft 
Diese Idee fand in der Bevölkerung großen Anklang, doch könnte auch schon bald wieder komplett hinfällig werden. Denn derzeit erwägt die Bundesregierung tatsächlich, kostenlose Verkehrsmittel anzubieten. Feinstaub und verschmutzte Luft sind der Grund für diese spendable, aber womöglich utopische Idee der Politiker, die von der EU-Kommission mit Sitz in Brüssel als Denkanstoß angeregt wurde. Ob das Angebot eines kostenlosen Nahverkehrs umsetzbar ist, soll in den kommenden Wochen in den Städten Herrenberg, Mannheim, Bonn, Essen und Reutlingen getestet werden. In einem öffentlichen Brief, den die Umweltministerin Barbara Hendricks in Zusammenarbeit mit dem Verkehrsminister Christian Schmidt und dem Kanzleramtschef Peter Altmaier an den EU-Umweltkommissar Karmenu Vella richtet, heißt es, dass der Test erst einmal in diesen fünf Städten ausgerollt wird. Anschließend soll geprüft werden, ob die Bundesregierung die fehlenden Einnahmen soweit auffangen kann, dass der kostenlose Nahverkehr Deutschlandweit angeboten werden kann. Der Versuch, die Zahl der Fahrzeuge auf deutschen Straßen zu verringern und die steigende Luftverschmutzung einzudämmen ist notwendig, denn reagiert die Bundesregierung nicht auf den Druck der EU-Kommission, droht diese mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. 

Bislang ersetzen öffentliche Verkehrsmittel laut Statistiken des "Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen" (VDV) täglich rund 20 Millionen Autofahrten - wird der Nahverkehr für Pendler kostenlos, werden immer weniger Automobile auf der Straße zu finden sein. Die Folgen könnten weniger Staus und sauberere Luft sein. 

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Milliarden-Einnahmen würden wegfallen 

Im Jahr 2010 steuerte der Nahverkehr 88 Milliarden Euro zum Bruttowertschöpfungs-Anteil der deutschen Wirtschaft bei - das geht aus der Veröffentlichung "Verkehr auf einen Blick" des Statistischen Bundesamtes hervor. Die VDV gibt an, dass die deutschen Nahverkehrsunternehmen 2017 durch Fahrgastbeförderung Einnahmen von 12,8 Milliarden Euro verbuchen konnten. Wie sollen diese Summen aufgefangen werden, sollte es tatsächlich Bundesweit zu kostenlosen Beförderungsangeboten kommen? Hinzu kommt die Sorge Jürgen Fenskes, Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), die er gegenüber des "Spiegels" äußert. Demnach würde "ein kurzfristiger, sprunghafter Fahrgastanstieg die vorhandenen Systeme vollständig überlasten". Wahrscheinlich ist jedoch, dass die geplante Testphase in den fünf deutschen Städten zeigen wird, dass ein vollkommen kostenlos angebotener öffentlicher Verkehr nicht funktionieren wird - weder für das Bruttoinlandsprodukt, noch für den Fahrgast.

Drohen Fahrverbote für Pkw? 
Am 22. Februar verhandelt das Bundesverwaltungsgericht zudem darüber, ob ausgesprochene Fahrverbote zulässig sind. So kann es sein, dass es in Deutschland bald wieder Autofreie Sonntage geben wird. Das war zuletzt im November 1973 der Fall. Damals sorgte die Ölkrise dafür, dass die Regierung Privatpersonen ein Verbot für die Nutzung ihres Verkehrsmittels aussprach.