Etwa 3,5 Prozent der jährlich 10,3 Milliarden Bus- und Bahn-Fahrgäste sind laut dem aktuellen Bußgeldkatalog ohne Ticket unterwegs. Das kostet die Verkehrsunternehmen jährlich circa eine Viertelmilliarde Euro. Im Strafgesetzbuch wird die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ohne gültigen Fahrschein als Straftat aufgeführt und so können dem Schwarzfahrer neben einem erhöhten Beförderungsentgeld von 60 Euro auch Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr drohen. Die Landesjustizminister diskutieren jetzt allerdings, ob das "Erschleichen von Leistungen" in Zukunft nur noch als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden sollte.
Plädoyer für saubere Luft
Diese Idee fand in der Bevölkerung großen Anklang, doch könnte auch schon bald wieder komplett hinfällig werden. Denn derzeit erwägt die Bundesregierung tatsächlich, kostenlose Verkehrsmittel anzubieten. Feinstaub und verschmutzte Luft sind der Grund für diese spendable, aber womöglich utopische Idee der Politiker, die von der EU-Kommission mit Sitz in Brüssel als Denkanstoß angeregt wurde. Ob das Angebot eines kostenlosen Nahverkehrs umsetzbar ist, soll in den kommenden Wochen in den Städten Herrenberg, Mannheim, Bonn, Essen und Reutlingen getestet werden. In einem öffentlichen Brief, den die Umweltministerin Barbara Hendricks in Zusammenarbeit mit dem Verkehrsminister Christian Schmidt und dem Kanzleramtschef Peter Altmaier an den EU-Umweltkommissar Karmenu Vella richtet, heißt es, dass der Test erst einmal in diesen fünf Städten ausgerollt wird. Anschließend soll geprüft werden, ob die Bundesregierung die fehlenden Einnahmen soweit auffangen kann, dass der kostenlose Nahverkehr Deutschlandweit angeboten werden kann. Der Versuch, die Zahl der Fahrzeuge auf deutschen Straßen zu verringern und die steigende Luftverschmutzung einzudämmen ist notwendig, denn reagiert die Bundesregierung nicht auf den Druck der EU-Kommission, droht diese mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.
Bislang ersetzen öffentliche Verkehrsmittel laut Statistiken des "Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen" (VDV) täglich rund 20 Millionen Autofahrten - wird der Nahverkehr für Pendler kostenlos, werden immer weniger Automobile auf der Straße zu finden sein. Die Folgen könnten weniger Staus und sauberere Luft sein.