Springender Mann mit Cap im orangenen T-Shirt
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Rechtliche Grauzone?

Reanimieren oder nicht: Ärzte stehen wegen eines Tattoos vor einer schwierigen Entscheidung

Ein kurioser Fall sorgt in den USA derzeit für Klärungsbedarf. Ärzte des Jackson Memorial Krankenhaus mussten entscheiden, ob sie einen 70-jährigen Patienten eigenmächtig wiederbeleben oder seinen tätowierten Wunsch, dies nicht zu tun, berücksichtigen sollten.

Ein kurioser Fall sorgt in den USA derzeit für Klärungsbedarf. Ärzte des Jackson Memorial Krankenhaus mussten entscheiden, ob sie einen 70-jährigen Patienten eigenmächtig wiederbeleben oder seinen tätowierten Wunsch, dies nicht zu tun, berücksichtigen sollten. 

Springender Mann mit Cap im orangenen T-Shirt
Springender Mann mit Cap im orangenen T-Shirt

Handeln oder nicht?  

Notärzte und Krankenschwestern leisten täglich übermenschliches, um Leben zu retten. Auch im Jackson Memorial Krankenhaus in Miami gehen rund um die Uhr Notfälle ein, sodass folgendes Szenario eigentlich zum Alltag gehören sollte: Ein 70-jähriger bewusstloser und Augenzeugenberichten nach angetrunkener Mann wird mit schwersten Verletzungen eingeliefert. Als die behandelnden Ärzte mit den lebenserhaltende Maßnahmen beginnen wollen und den Oberkörper des Patienten frei machen, prangt der Satz "Reaniemieren Sie mich nicht!" in schwarzer Farbe auf dem Körper des Mannes.

"Reanimieren Sie mich nicht!" 
Der Rentner hatte sich das Tattoo stechen lassen, weil er eigenmächtig entscheiden wollte, ob er wiederbelebt werden sollte - auch, wenn er nicht ansprechbar ist. Aus diesem Grund wurde auch die Unterschrift des 70-jährigen Unfallopfers unter den Satz tätowiert. Wie sollen Ärzte in solch einer Sitaution reagieren? Verstehen sie den Wunsch des Patienten als schlechten Scherz, der als Körperschmuck getragen am Strand für Lacher sorgen soll oder meint der Mensch auf dem OP-Tisch seine kuriose Bekanntmachung ernst? Im Falle des Mannes entschieden die Ärzte eigenmächtig, den Patienten wiederzubeleben und ihn an eine Herz-Lungen-Maschine anzuschließen. 
 

Wer ist im Recht? 

Der britische Notarzt Gregory Holt erklärt gegenüber des Fachblatts "The New England Journal of Medicine" folgendes: “Kliniken sind moralisch und rechtlich verpflichtet, den letzten Willen des Patienten zu respektieren”. Da man den Patienten jedoch nicht ansprechen konnte, wurde eigentständig gehandelt. Das in Florida geltende Gesetz sieht vor, dass eine Tätowierung als Patientenverfügung nicht ausreicht und somit nicht rechtens ist. Die Ärzte können somit nicht belangt werden - sie handelten schließlich im Sinne ihres abgelegten Ethos'. Der Ethikberater des Jackson Memorial Krankenhauses sieht das jedoch anders. Er ist der Überzeugung, dass auch eine Tätowierung eindeutig der Wunsch des Patienten darstellt. Erst als die Gesundheitsbehörde des Landes eine schriftliche Patientenverfügung des 70-jährigen Patienten auf dessen Heim-Computer ausfindig machen konnten, wurde entschieden, dass der letzte Will des Mannes erfüllt und die lebenserhaltenden Maßnahmen abgestellt werden müsssen. Wenige Stunden nach dieser Entscheidung verstarb der Mann im Krankenhaus. 

Springender Mann mit Cap im orangenen T-Shirt
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Wie haben sich Ärzte zu verhalten? 

“Kein Arzt muss mit einer Bestrafung rechnen, wenn er ein solches Tattoo ignoriert und dem Patienten hilft. Ich würde das nur als Hinweis sehen, einmal in die Akte des Patienten zu schauen, aber nicht als Anweisung. Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, sollte man besser alles unternehmen, um das Leben zu retten”, erklärt Bioethiker Arthur Caplan abschließend. Vor allem aber beruft sich der Professor für Bioethik an der New York University School of Medicine auf einen Fall aus dem Jahre 2012, als ein 59-jähriger Mann mit einer ähnlich tätowierten Patientenverfügung in ein Krankenhaus eingeliefert. Damals konnte der Patient den behandelnden Notärzten gerade noch erklären, dass er sich das Kunstwerk nach einem verlorenen Poker-Spiel hat stechen lassen und um jeden Preis an lebenserhaltende Maschinen angeschlossen werden, sollte es zu einem Herzstillstand kommen.