Springender Mann mit Cap im orangenen T-Shirt
Springender Mann mit Cap im orangenen T-Shirt
Das fensterlose Long Line Building steht mitten in Manhattan

Fensterloser Atombunker: New York geheimnisvollster Wolkenkratzer

Die Fassade des fensterlosen Wolkenkratzers mitten in New York wirkt abweisend. Jetzt ist nur die Frage, ob das so ist, weil das Gebäude ein Atomschutzbunker ist, oder vielleicht weil sich die NSA darin verschanzt?

Ein fensterloses Hochhaus

170 Meter hoch, kein einziges Fenster, Wände aus Beton und Granit – das sogenannte Long Line Building ist ein seltsamer Anblick. Mitten in Manhattan, in der Thomas Street 33, steht das Gebäude, das nicht nur die Bewohner New Yorks an verschleierte Geheimoperationen im Inneren des Wolkenkratzer glauben lässt. Denn Dokumente des Whistleblowers Edward Snowden, die der Investigativ-Journalisten Ryan Gallagher und Henrik Moltke vorliegen, legen nahe, dass es sich bei dem kurios anmutenden Gebäude um eine Zentrale der NSA handelt.

Whistleblower 
Offiziell wurde der Betonklotz, in dessen Nachbargebäude das FBI sitzt, als Atomschutzbunker errichtet. Architekt John Carl Warnecke bezeichnet das 1974 eröffente Gebäude als "Festung für das 20. Jahrhundert", die auch die Protonen und Neutronen einer Atombombe oder nuklearen Katastrophe abwehren soll. 29 Stockwerke, drei Kellergeschosse, kein einziges Fenster, ausreichend Lebensmittel, die 1.500 Personen im Ernstfall zwei Wochen versorgen können - das ist das Long Line. Offiziell wird der Bunker von der amerikanischen Telekommunikationsfirma "American Telephone and Telegraph Company", besser bekannt als AT&T, genutzt. Inoffiziell liegen der Enthüllungsplattform "The Intercept_", für die Gallagher und Moltke tätig sind und die als erste Institution Snowdens Whisteblower-Dokumente erreichten, Belege für einen geheime Schaltzentrale der NSA vor.

Snowden-Dokumente lassen NSA-Aktivität vermuten

Die Plattform "The Intercept_", die Enthüllungsjournalist und Snowden-Unterstützer Glenn Greenwald gegründet wurde, fürchtet seit der Veröffentlichung ihrer Recherchen zu dem sogenannten "Project X" vor allem, noch stärker ins Visier einschlägiger Geheimdienste zu geraten. So glich die Auswertung der Dokumente laut Moltke eher der Arbeit eines Agenten, anstatt eines Journalisten. Barbezahlter Computer, verbrannte Dokumente, abgeschottet von der Außenwelt - über die Arbeit zu der sagenhaften Enthüllungsreportage lag ein dunkler Mantel des Schweigens. 

Aus den Whisteblower-Dokumenten schließen die Autoren Gallagher und Moltke, dass das Long Line Gebäude unter dem Codenamen "Titanpointe" von der NSA genutzt wird – obwohl das Gebäude nie direkt erwähnt wird, sondern stets von "Titanpointe" gesprochen wird, gibt es einige Indizien, die keinen anderen Schluss zulassen. Denn unter den geheimen Dokumenten Snowdens befinden sich auch zwei "Reiseführer" für NSA-Mitarbeiter aus den Jahren 2011 und 2013. Diese erklären Agenten mit Hilfe von Codeworten und verschlüsselten Botschaften, wie sie die Abhörstation "Titanpointe" finden können. So heißt es: Die Station befinde sich in New York, in der Nähe des New Yorker FBI-Büros am Federal Plaza und werde von AT&T (Deckname: "Lithium") verwaltet. In einem Dokument sei die Rede davon, dass bei der Abhörstation internationale Telefongespräche vermittelt würden und man sich als NSA-Agent über eines Mittelsmann des FBIs ein  Auto mieten solle, das keine Rückschlüsse auf den Mieter zulässt. Zudem sollen Agenten auf ihre Kleidung achten und keinerlei Hinweise an oder bei sich tragen, die erkennungsdienliche Hinweise liefern könnten. 
 

AT&T dementiert die Gerüchte

Ein Sprecher der American Telephone and Telegraph Company dementierte auf Nachfragen der Enthüllungsjournalisten, Gallagher und Moltke, dass die NSA Zugang zum Gebäude hätte – zumindest zu keinem "der gesicherten Räume in unserem Teil des Gebäudes". Warum sind dann aber vor dem Hochhaus Parkplätze für Mitarbeiter von Bundesbehörden reserviert? Die meisten Autokürzel lauten AWM – und das soll angeblich ein Code sein für die Agenten der Geheimdienstorganisation. Ob das fensterlose Gebäude wirklich Teil der großen Abhöraktionen der NSA ist oder alles nur wilde Gerüchte sind, die Fans von Jason Bourne in Verzücken versetzen, wird wahrscheinlich nie ganz geklärt werden. Aber eine Stadt wie New York City braucht eben ihre Mysterien und Rätsel.