Springender Mann mit Cap im orangenen T-Shirt
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Die Zyklus-App soll ungewollte Schwangerschaften verhindern

TÜV lässt App als sicheres Verhütungsmittel zu!

So sicher wie die Pille, aber ohne Nebenwirkungen verhüten? Die App „Natural Cycles“ verspricht genau das und der deutsche TÜV gibt ihr Recht. Obwohl die App als sicheres Verhütungsmittel zertifiziert wurde, hagelt es auch Kritik.

App als Verhütungsmittel 

Auch wenn viele gerne den hormonellen Nebenwirkungen der Pille abschwören wollen würden – auf die Russisch-Roulette-Methode, die sogenannte Kalendermethode, wollen sich die meisten Frauen und ihre Partner dann doch nicht verlassen. Jetzt hat der TÜV Süd allerdings eine solche Kalender-App offiziell als Verhütungsmittel anerkannt. „Natural Cycles“ trägt nun eine ähnliche Klassifizierung wie Kondome. Erfunden hat die App die schwedische Nukleraphysikerin Elina Berglund. Sie war Teil des Teams, das am Schweizer CERN-Institut das Higgs-Teilchen entdeckte und dafür mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurde. „Ich wollte meinem Körper eine Pillenpause gönnen, habe aber keine gute, natürliche Verhütungsmethode gefunden. Also habe ich den Algorithmus einfach selbst geschrieben“, erklärt Berglund gegenüber dem Tech-Magazin "Wired". In Zusammenarbeit mit ihrem Ehemann Raoul gründete Elina Berglund 2013 das Unternehmen „Natural Cycles“.

Körpertemperatur gibt Aufschluss 

Wie bei allen Kalendermethoden ist auch die Anwendung der App nicht ganz unaufwendig: Jeden Morgen misst die Benutzerin ihre Körpertemperatur unter der Zunge und gibt die Werte in die App ein. Damit errechnet der Algorithmus, ob sich die Frau in ihrem fruchtbaren Zyklus befindet oder nicht. Ist sie es, erscheint ein rotes Symbol auf dem Bildschirm und man muss auf andere Verhütungsmittel wie Kondome zurückgreifen. Ist die Frau nicht fruchtbar, erscheint ein grünes Symbol und sie kann ungeschützten Sex haben, ohne ungewollt Schwanger zu werden. Berglund empfiehlt die App vor allem Frauen in festen Beziehungen, bei denen der Partner nicht häufig wechselt. Denn vor Geschlechtskrankheiten schützt die App natürlich nicht.

Wie sicher ist diese Methode?

Die Kalender-App "Natural Cycles" soll eine Effektivitätsrate von 99,5 Prozent erreichen. Damit läge der Schutz vor ungewollten Schwangerschaften so hoch wie jender bei der Einnahme der Pille. Das bestätigte nun auch der TÜV Süd, der den Algorithmus und vorliegende Studien geprüft hat: Die App verhütet bei richtiger Anwendung so sicher wie das hormonelle Verhütungsmittel. Von 4.000 Studienteilnehmerinnen wurden zehn innerhalb des Testjahres augenscheinlich sicheren „grünen Tagen“ schwanger. Experten warnen vor allem vor der komplizierten Anwendung, die strikt eingehalten werden muss. Apps bieten im Moment keine qualifizierte Einführung – was zu Missverständnissen und Fehlern in der Verwendung führen kann. Das Technikportal "Techbook" sprach außerdem mit Dr. med. Christian Albring, dem Präsidenten des Berufsverbands der Frauenärzte. Er ist skeptisch, ob ein Algorithmus all die Faktoren berücksichtigen kann, die auf die Körpertemperatur der Frau einwirken – zum Beispiel zu wenig oder schlechter Schlaf, Alkohol oder Sport am Vorabend, oder Stress durch Reisen. Albring hält die App für unseriös. Elina Berglund ist sich aber sicher, alle Einflüsse in ihrem Algorithmus eingeplant zu haben. Sie verhandelt jetzt mit dem britischen Gesundheitssystem darüber, dass die App wie die Pille vom Arzt verschrieben werden kann.