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Marokko: TV-Sender schockt live mit Schminktipps für misshandelte Frauen

Der marokkanische Staatssender "2M" gibt in seinem Frauenmagazin "Sabahiyat" Schminktipps für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind - und löst damit eine Welle der Empörung aus.

Casablanca, Marrakesch, Marokko: Das klingt für Reisende nach 1001 Nacht und orientalischem Flair. Nun jedoch schockte das marokkanische Staatsfernsehen "2M" die Welt mit einem Programm, speziell für Frauen. Um genau zu sein, speziell für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt werden. Doch, wer denkt, das Frauenmagazin "Sabahiyat" würde diesen Frauen helfen, von ihren gewalttätigen Ehemännern davon zu kommen, der irrt sich. Stattdessen gibt der Sender Tipps, wie die Gewaltopfer ihre blauen Augen und Narben überschminken können. 
 

Menschenrechtsverletzungen

Mehrere Non-Governmental-Oragnisationen (NGOs) wie Amnesty International, Human Rights Watch oder die marokkanische Menschenrechtvereinigung (AMDH), veröffentlichen immer wieder neue Berichte über Einschränkungen der Grundrechte, Straffreiheit für straffällige Regierungsbeamte, Folter, willkürliche Verhaftung von weiblichen Journalisten und Vergewaltigung und Misshandlung von Frauen. Die Liste ist lang und die Anschuldigungen sind schwer, doch die Situation für viele verheiratete Frauen in Nordafrika ist noch schlimmer. Denn: Häusliche Gewalt ist keine Seltenheit, an der Tagesordnung und legal. Bis vor wenigen Monaten war gab es sogar noch ein Gesetz, dass es Vergewaltigern erlaubte, straffrei davon zukommen, wenn Sie das Opfer heirateten. Zusätzlich gibt es strenge Flüchtlingsgesetze, die den Menschen verbieten, das Land zu verlassen. Diese Gesetzte wurden laut taz.de unter Druck der Europäischen Union verabschiedet, um den Migrationsstrom in Europa einzudämmen.
 

Skandalsendung im Staatsfernsehen

Dass der marokkanischen Regierung die steigende Zahl der Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt werden, nicht bekannt wären, kann man nicht sagen. Das bewies zumindest der staatliche TV-Sender "2M". Denn dieser zeigte in einem speziellen Frauenmagazin wie Frau Spuren häuslicher Gewalt ganz einfach mit ein bisschen Make-Up überdecken kann. Dieses abscheuliche Fehlverhalten sorgt weltweit für einen Aufschrei. In den Kommentaren zur TV-Sendung ist zu lesen: "Warum die Polizei rufen, wenn man Make-Up hat?" oder "Süßer, du musst mir ins Gesicht schlagen, ich habe neues Make-Up, das ich ausprobieren möchte". Der Sender entschuldigte sich angesichts der enorm negativen Aufmerksamkeit und nahm das Video aus dem Netz. Die Redaktion habe „die Schwere des Themas“ falsch eingeschätzt, heißt es im Entschuldigungsschreiben des Staatssenders. Besonders makaber: Der Beitrag wurde zwei Tage vor dem internationalen Tag "Gegen Gewalt gegen Frauen" gesendet!

Noch ein weiter Weg
Das Auswärtige Amt spricht auf seiner Website zwar von „Verbesserungen“ der Menschenrechtssituation in Marokko, allerdings zeigt die Ignoranz des Senders, das Frauen immer noch nicht gleichgestellt sind und als minderwertig angesehen werden. Übrigens: Laut "Spiegel Online" bezeichnete der Staatssender "2M" den Inhalt der Sendung als „helfenden Alltagstipp“.