Springender Mann mit Cap im orangenen T-Shirt
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Die einstige Metropole gleicht einer Geisterstadt

Lost Places: So sieht es sechs Jahre nach der Katastrophe in Fukushima aus

Vor sechs Jahren ereignete sich in der japanischen Stadt Fukushima eine der schlimmsten nuklearen Katastrophen der Menschheitsgeschichte. Ein Fotograf umging nun sämtliche Sicherheitsvorkehrungen und begab sich auf eine lebensgefährliche Reise, um die Folgen des Desasters festzuhalten.

Vor sechs Jahren ereignete sich in der japanischen Stadt Fukushima eine der schlimmsten nuklearen Katastrophen der Menschheitsgeschichte. Ein Fotograf umging nun sämtliche Sicherheitsvorkehrungen und begab sich auf eine lebensgefährliche Reise, um die Folgen des Desasters festzuhalten.​

Eine Katastrophe mit globaler Auswirkung

Am 11. März 2011 sorgte das Tohoku-Erdbeben an der japanischen Ostküste für eine der verheerendsten Naturkatastrophen der Geschichte. Mit einer gemessenen Magnitude von 9,03 auf der Richterskala gehört das Tohoku-Erdbeben bis heute zu den fünf stärksten Beben der Weltgeschichte. Das Daiichi-Atomkraftwerk in Fukushima wurde aufgrund der Gefahr des Erdbebens umgehend automatisch abgeschaltet. Die Zahl der Opfer ist beängstigend: Über 15.000 Tote und sechstausend Verletzte wurden verzeichnet. Als ein in Folge des Erdbebens ausgelöster Tsunami, der an der Ostküste entstanden war, die Küstenregion mitsamt des Kraftwerks traf, wurde die Notstromversorgung außer Kraft gesetzt, wodurch die Reaktoren nicht mehr ausreichend gekühlt wurden und es zum Super-GAU kam. Die unvermeidliche Kernschmelze setzte bei drei der sechs Reaktorblöcke ein und sorgte für chemische Explosionen, Brände und eine unglaublich große Freisetzung an radioaktiven Stoffen. 100.000 Zivilisten mussten aus der Gefahrenzone evakuiert werden und hinterließen gespenstische, verlassene Städte.

Die genaue Menge der radioaktiven Strahlung wird von der japanischen Regierung strengstens unter Verschluss gehalten. Laut einer Messkarte unabhängiger Forscher aus den Grenzgebieten, könnte die Strahlenbelastung in Fukushima bis zu 10 Millionen Sievert betragen. Schon die Aussetzung einer Strahlung von 2.000 bis 3.000 Sievert führt bei jedem Menschen mit 90 Prozentiger Wahrscheinlichkeit bereits nach wenigen Wochen zum sicheren Tod. Mehr als 100 Kilometer südlich des Kraftwerks konnten japanische Behörden laut des Nachrichtensender "n-tv" bei einem Kilogramm Feld-Spinat einen Rekordwert von 54.000 Bequerel messen. Der japanische Grenzwert liegt zum Vergleich bei 2.000 Bequerel pro Kilogramm. Die Weltgesundheitsorganisation WHO setzt den empfohlenen Höchstwert mit 100 Bequerel pro Kilogramm nochmals deutlich geringer an. Durch die unglaubliche Menge an radioaktiver Strahlung wird das Gebiet um das ehemalige Kraftwerk nie wieder bewohnbar sein. Die gesamte Region ist ein Sperrgebiet und wird ähnlich wie Tschernobyl bewacht und vor "Besuchern" geschützt. 
 

Eine lebensgefährliche Expedition

Jedoch ist das sogenannte "Urban-Exploring" im Jahr 2017 Dank Instagram und Co. ein äußerst beliebter Trend bei Fotografen geworden, die für einen begehrten "One Shot" zurückgelassene und teils gefährliche Orte aufsuchen. Keow Wee Loong ist als sogenannter Rooftopper einen hohen Adrenalinspiegel gewohnt. Im April 2014 bestieg der professionelle Fotograf aus Malaysia das zweithöchste Gebäude der Welt, den Shanghai Tower. Doch jetzt begab sich Loong auf eine gefährliche Reise der anderen Art: Gemeinsam mit zwei Freunden umging er unzähliges Sicherheitspersonal, um in die Tiefen der nuklear verseuchten Städte um Fukushima vorzudringen. Im Interview mit dem Web-Magazin UNILAD erzählt Loong von seinem riskanten Abenteuer.
 

Schon das Erreichen der Sperrzone stellte Loong und seine Freunde vor etliche Komplikationen. Das Gebiet um Fukushima wurde aufgrund der tödlichen Strahlungsgefahr komplett abgeriegelt. "Es war uns nicht erlaubt um das Sperrgebiet zu laufen oder Fotos zu schießen. Die Polizei sagte, dieser Ort sei gefährlich – besonders für Fotografen", beschrieb Loong UNILAD. Im Schutz der Nacht schafften sie es aber Zäune, Gitter und Wachen zu überwinden und konnten am folgenden Tag die verlassenen Städte erkunden. "Ich war in Tamioka, Futaba, Okuma und Namie. Um 2 Uhr morgens fing ich an zu laufen und war zwischen 16 oder 17 Uhr da. Alle vier betroffenen Städte der Sperrzone habe ich besucht", erzählte Loong UNILAD. Trotz der akuten Strahlenbelastung haben Loong und seine Begleiter übrigens keine Schutzkleidung getragen. Trotz der hohen Strahlengefahr seien die Freunde nur mit Gasmasken im Gepäck nach Fukushima gereist.
 

Sechs Jahre lang standen sämtliche Kalender in Fukushima still. Es wirkt, als hätte jemand die Zeit angehalten. Anders als Tschernobyl sollen die verseuchten Städte in der japanischen Präfektur im Sperrgebiet aber noch nicht völlig geplündert worden sein. Supermärkte seien gefüllt mit verrottetem Essen und die Regale der Kiosks voll von Büchern und Zeitschriften. Sogar Unmengen an wertvollem Schmuck habe Loong während seiner Expedition in den Läden entdeckt. Die menschenverlassene Stadt sei außerdem komplett von Tieren übernommen worden. "Ich sah wilde Tiere und Hunde, die mich anbellten. Einer hat mich sogar gejagt, das war angsteinflößend", beschrieb der Fotograf UNILAD.
 

Auf einem Bild sieht man sogar frische Wäsche, die halb aus einer Maschine herausragt. Viele alltägliche Situationen sind noch in den gespenstischen Kulissen der Städte zu erkennen. Einer der betroffenen Orte, Namie, wurde dieses Jahr am 1. April von der japanischen Regierung wieder zur Besiedlung freigegeben. Bus und Bahn nahmen den Betrieb wieder auf und ungefähr 21.000 Bewohner kehrten in ihr altes Leben zurück. Andere Städte der Präfektur Fukushima könnten Namie folgen, wenn auch dort die Strahlenbelastung genügend nachlassen würde. Das unmittelbare Gebiet um die nukleare Katastrophe wird für Menschen allerdings nie wieder bewohnbar sein.

Ein paar der beeindruckenden GoPro-Aufnahmen von Loongs Expedition könnt Ihr Euch gleich hier ansehen: